Aktualisiert am 29.04.2022

Doomscrolling: Bad News in Endlosschleife

Pandemie, Krieg, Naturkatastrophen und Klimakrise – wenn schlechte Nachrichten kein Ende mehr nehmen und wir uns den Schreckensberichten nicht mehr entziehen können, spricht man von Doomscrolling. Oft hat das negative Auswirkungen auf unsere Psyche.

 

Wir leben in einer Informationsgesellschaft. Moderne Informations- und Kommunikationstechnik hat es uns ermöglich, so gut informiert zu sein, wie noch nie zuvor. Doch ist das immer von Vorteil? Hier eine Notification, da ein Nachrichtensignal – der Griff zum Smartphone ist heute fast schon ein Automatismus. Doch scheinen die Medien nur noch von schlechten Themen beherrscht zu sein. Wenn uns Schreckensberichte zu überwältigen drohen und wir uns ihrem Sog nicht mehr entziehen können, spricht man von Doomscrolling. Was sich hinter dem Phänomen verbirgt und was Sie dagegen tun können, verraten wir Ihnen im Beitrag.

Was ist Doomscrolling?

Doomscrolling, auch Doomsurfing genannt, ist eine Wortkreation aus den englischen Termini „doom“ (Untergang, Verderben, Verhängnis) und scrollen. Zwar lässt sich die Wortkreation nur schwer ins Deutsche übersetzen, jedoch bezeichnet das Phänomen das fortwährende, mitunter auch exzessive Konsumieren schlechter Nachrichten. Das kann negative Folgen wie beispielsweise Depression oder Angstzustände haben.

Warum funktioniert Social Engineering?

Social Engineers oder Social Hacker machen sich grundlegende menschliche Eigenschaften und Verhaltensweisen – sowohl positive als auch negative – geschickt zunutze. Sie spielen mit Vertrauen, Sympathie, Hilfsbereitschaft, aber auch mit Angst, Unsicherheit, Gehorsam oder Neugierde. So wird es von unseren Mitmenschen beispielsweise gerne gesehen, wenn wir nett und hilfsbereit agieren. Vielen fällt es daher schwer, besonders in einer vermeintlichen Notsituation, eine Bitte abzulehnen. Andere haben wiederum Angst, etwas falsch zu machen und tappen so in die Falle. Oft verleitet auch die Tendenz, Konflikte vermeiden zu wollen, zum Ausführen von sicherheitskritischen Handlungen – obgleich man es oft besser weiß.

Warum doomscrollen wir?

Die große Frage ist: Warum konsumieren wir freiwillig schlechte Nachrichten? Einerseits ist es natürlich wichtig, über das Weltgeschehen informiert zu sein – und das schließt nun mal Negativmeldungen ein. Gerade bedrohliche Gegebenheiten lösen in uns ein Gefühl der Angst aus und können zu einer gewissen Überforderung führen. Daher versuchen wir, uns durch systematische Informationsbeschaffung ein klares Bild von der Realität zu verschaffen, um unsere Gedanken besser einordnen zu können und gegen das Gefühl der Ohnmacht bzw. Ungewissheit anzukämpfen. Kurzum: Viele Menschen glauben, durch starken Nachrichtenkonsum besser geschützt zu sein. Ganz nach dem Motto: Je mehr Informationen wir sammeln, desto besser fühlen wir uns gewappnet.

Die Negativitätsverzerrung: Eine evolutionsbiologische Ursache

Dass das menschliche Gehirn gerade auf schlechte Nachrichten stark reagiert, hat evolutionsbiologische Ursachen: Es ist darauf spezialisiert, negative Informationen besonders schnell und effizient zu verarbeiten. Dahinter verbirgt sich ein Schutzmechanismus, der in der Steinzeit durchaus Sinn hatte: Ungünstige Situationen bedeuteten meist Gefahr und je schneller unsere Vorfahren dies erkannten, umso besser standen ihre Überlebenschancen. So haben wir Menschen tatsächlich einen angeborenen Hang zur Negativität bzw. Schwarzmalerei. 

Die Problematik dabei: Die Zeiten haben sich geändert, nicht jedoch unser Gehirn. Situationen sind heute weitaus komplexer und lassen keine einfachen Antworten mehr zu. Zudem muss nicht jede vermeintliche Bedrohung einen direkten Einfluss auf unsere Sicherheit haben. Dennoch konsumieren wir zu unserem Schutz immer noch verstärkt negative Nachrichten. Diesen Effekt nennt man Negativitätsbias bzw. Negativitätsverzerrung.

Doomscrolling, Negativitätsbias und moderne Algorithmen

Trifft der Negativitätsbias auf die Funktionsweise bzw. technische Infrastruktur sozialer Medien, entsteht ein Teufelskreis. Denn moderne Algorithmen und das sogenannte „Infinite Scroll“ bieten dem Doomsurfen die besten Voraussetzungen:

  • Moderne Algorithmen sind darauf programmiert, uns möglichst lange auf der entsprechenden Plattform zu halten und uns zum Zurückkehren zu bringen. Oft reicht bereits ein Klick auf einen bestimmten Inhalt, um vermehrt denselben Content im eigenen Feed ausgespielt zu bekommen.
  • Infinite Scroll bezeichnet wiederum das Phänomen, dass weitere Inhalte am Ende einer Seite automatisch nachgeladen werden, sobald der User zum Seitenende gescrolled hat. Somit reißt die Nachrichtenflut nie ab, während wir dem Algorithmus durch jeden Klick signalisieren, dass wir mehr sehen möchten. Das vereinfacht Doomscrolling.

Und auch klassische Medien machen sich den Effekt des Negativitätsbias‘ zunutze, da schlechte Nachrichten schlichtweg mehr Klicks generieren bzw. sich damit mehr Auflagen verkaufen lassen.

Die Folgen von Doomsurfing: Dauerstress

Unter dem exzessiven Konsum schlechter Nachrichten kann unser angeborener Schutzmechanismus zum Problem werden. Es entsteht der Eindruck, die Welt sei generell ein schlechter Ort. Algorithmen und Infinite Scrolling potenzieren diesen Effekt. In Folge kann Doomscrolling den Serotoninspiegel negativ beeinflussen, was zu Erschöpfungszuständen, Anspannung, Schlafstörungen und einer gedrückten bis depressiven Stimmung führt. Steigt der Spiegel des Stresshormons Cortisol an, stehen wir unter Dauerstress. Kurzum: Doomscrollen ist eine große Belastung für die mentale Gesundheit.

 

Wie können wir uns schützen?

Um sich der Negativspirale des Doomsurfings zu entziehen, ist es wichtig ist, sich des Phänomens und Problems bewusst zu werden und das eigene Surfverhalten kritisch zu hinterfragen. Letztendlich geht es nicht darum, keine Nachrichten mehr zu lesen, sondern ein gesundes Maß zu finden und einen zu hohen Konsum zu vermeiden. Folgende fünf Tipps können dabei helfen:

  • Den Medienkonsum bewusst reduzieren. Legen Sie eine feste Dauer für das Lesen von Nachrichten fest und vermeiden Sie endloses Scrollen über den Tag hinweg.
  • Deaktivieren Sie Notifications. Lesen Sie stattdessen täglich eine Zusammenfassung der aktuellen Nachrichten.
  • Setzen Sie auf vertrauenswürdige Quellen. Informieren Sie sich auf offiziellen Nachrichten- oder Regierungsseiten und konsumieren Sie weniger reißerische Medien. Auf sozialen Netzwerken besteht zudem die Gefahr von Fake News.
  • Einen Ausgleich schaffen. Ein Gespräch mit der Familie oder Freunden, Sport oder ein Spaziergang an der frischen Luft können helfen, auf andere Gedanken zu kommen. Hauptsache, Sie schaffen einen positiven Gegenpol zu Ihrem Nachrichtenkonsum.

Suchen Sie nach positiven Informationen. Es kann auch helfen, sich gezielt mit konstruktiven Nachrichten zu beschäftigen. Schließlich geschieht auf der Welt auch viel Gutes!


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