Pionierinnen der Informatik
Die Anfänge der modernen Informationstechnologie waren stark von Frauen geprägt. Die Computerpionierin Grace Hopper war nach ihrem Mathematik- und Physikstudium an der Yale-Universität tätig. Ab 1944 arbeitete sie in Harvard mit „Mark I“, dem ersten vollelektronischen Rechner der Welt. Später leitete sie den Aufbau von „Mark II“. Hopper entwickelte einen Compiler, eine Software zur Umwandlung von Programmierkommandos in Maschinensprachcode, sowie „Flow-Matic“, die erste Programmiersprache mit umgangssprachlichen Wörtern statt Zahlen. Mehr zum Leben der IT-Pionierin Grace Hopper und den Anfängen der Computerzeit bietet ein "Talk at Google" von Kurt Beyer.
Etwa zur selben Zeit arbeiteten drei afroamerikanische Forscherinnen für die US-Weltraumbehörde NASA: Die Mathematikerinnen Katherine Goble und Dorothy Vaughan sowie die Computerexpertin Mary Jackson lieferten die Berechnungen für die ersten bemannten NASA-Raumflüge – doch die Anerkennung blieb ihnen verwehrt. Ihre Geschichte erzählt der Film „Hidden Figures – Unerkannte Heldinnen“ der zahlreiche Auszeichnungen sowie drei Oscar-Nominierungen erhielt:
Forschungsarbeit über Frauen in der IT
Aktuell beschäftigt sich die Forschung intensiv mit dem Thema „Frauen und Männer in der Informatik“.
- Das neue Buch „Brotopia: Breaking Up the Boy’s Club of Silicon Valley“ von Emily Chang wirft einen kritischen Blick auf den vielleicht bedeutendsten IT-Standort der Welt.
- Der US-Historiker Nathan Ensmenger veröffentlicht weltweit beachtete Aufsätze und Bücher zu seinen Forschungen, zuletzt „The Computer Boys Take Over“.
- Die Informatikerin Veronika Oechtering von der Uni Bremen sammelt die Geschichten von Wissenschaftlerinnen aus der Informationstechnologie.
Frauen in IT-Ausbildung in Minderheit
Verschiedene Institutionen setzen heute Impulse, um Frauen für die sogenannten MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik zu begeistern. Im Schuljahr 2016/17 hatten die technisch-gewerblichen Schulen etwa 25 Prozent Mädchen (laut aktuellen österreichischen Studien). Der Anteil weiblicher IT-Studierender steigt nur geringfügig an, obwohl der Frauenanteil bei der Matura 57 Prozent und beim Studienabschluss 56 Prozent beträgt. Start-ups werden nur zu 8 Prozent von Frauen gegründet. In deutschen Hightech-Unternehmen sind im Durchschnitt 15 Prozent der angestellten IT-Fachkräfte Frauen (gemäß einer Umfrage des IT-Verbands Bitkom, hier mehr zum Thema: Frauen in der ITK).
Klischees für Berufswahl prägend
Die Gründe für die geschlechterstereotype Berufswahl sindlaut „Österreichische Computer Gesellschaft“ gut dokumentiert: Einflüsse des Elternhauses, unzureichende Berufsinformation, fehlende weibliche Rollenvorbilder, die erschwerte Situation von Frauen in männlich geprägten Berufsfeldern sowie die Rolle von Schule, Unterricht bzw. Lehrkräften werden in diesem Zusammenhang diskutiert. Eine geschlechterstereotype Berufswahl beruhe häufig aber auch auf den klischeehaften Vorstellungen von der Informationstechnologie: Das Bild von isoliert arbeitenden Technikfreaks, die jede Minute vor dem Computer verbringen, spricht Mädchen nur wenig an.
Arabische Staaten überraschen
Ganz anders die arabische Welt: Entgegen landläufigen Erwartungen zeigt sie gemäß der neuen UNESCO-Studie „Science Report Towards 2030“ positive Trends. In zehn darin untersuchten Ländern sind 34 bis 57 Prozent der Absolventen in den Natur- und Ingenieurwissenschaften weiblich. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass die Informationstechnologie einen relativ neuen Wirtschaftszweig bildet, der dadurch noch nicht so stark von Männern dominiert ist. Für die meisten arabischen Gesellschaften ist es neu, dass Frauen arbeiten: diese Berufseinsteigerinnen finden nun im Bereich IT mehr Raum als in anderen Bereichen.
Neue Lösungsansätze
Das österreichische Programm „re-ment“ hat sich zum Ziel gesetzt, „Schülerinnen mittels Reverse-Mentoring für Berufe in der IT zu interessieren und Rollenbilder bzw. stereotype Vorstellungen über berufliche Lebensentwürfe zu dekonstruieren“. In Bremen läuft die internationale „Informatica Feminale“ vom 6. bis zum 24. August 2018. Die Veranstaltung mit etwa 200 Teilnehmerinnen forciert die fachliche Vernetzung von Studentinnen und die berufsbegleitende Weiterbildung von Informatikerinnen auf universitärem Niveau. Gleichzeitig zur Informatica Feminale findet die „Ingenieurinnen-Sommeruni“ für Frauen in Elektrotechnik & Informationstechnik sowie aus Maschinenbau & Verfahrenstechnik statt.